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Die Flüge, die in Erinnerung bleiben…


17. September 2025

Die Flüge, die in Erinnerung bleiben…

  • Erlebt und geschrieben von Danilo Bargen
Windkolk – eine sichelförmige, vom Wind ausgeschliffene „Kerbe“ im Gletscher.
Windkolk – eine sichelförmige, vom Wind ausgeschliffene „Kerbe“ im Gletscher.

Die Flüge, die in Erinnerung bleiben, sind nicht unbedingt die längsten oder die fliegerisch grossartigsten oder die mit den meisten Punkten. Sondern oft auch kurze Flüge, die sich aus anderen Gründen ins Gedächtnis einbrennen. Dazu gehört auch der kurze Flug, den ich am 20. August 2021 machen durfte. An jenem Freitag brach ich mit einigen Fliegerkollegen zu einer zweitägigen Hochtour auf. Hauptziel war am Folgetag der Tödi von der Planurahütte aus, doch der Weg zur Hütte führte uns am ersten Tag ab dem Klausenpass über den Clariden. Ob es von dort einen Flug geben würde, war noch ungewiss. Abfahrt im Zürcher Oberland war bereits früh morgens um fünf, sodass wir kurz nach Sonnenaufgang beim Klausenpass losmarschierten. Der schöne Wanderweg windet sich langsam den Hang hoch, zuerst grasig, dann immer felsiger.

Irgendwann steht man vor dem „Iswändli“ – dem untersten, steil abfallenden Teil des Claridengletschers. Wobei man hier relativieren muss: Während das Iswändli zu Zeiten des Erstbegehers Hans Brun wohl noch respekteinflössend aussah, ist es durch den starken Rückgang des Gletschers heutzutage kein grosses Abenteuer mehr. Rasch wurden Steigeisen und Seil montiert, und schon ging’s los, über den stellenweise bereits aperen Gletscher.

Am Ende des Gletschers folgt der geröllige Pfad über den Vorgipfel, dann dem Grat entlang hinunter zum Sattel. Zuletzt noch die mit einer Kette gesicherte Genusskraxelei bis auf den Claridengipfel.

Kurz vor zehn Uhr standen wir beim Gipfelkreuz und konnten das wunderschöne Panorama über den Hüffifirn bewundern. Nun stand die Entscheidung an: Starten wir ab dem Gipfel oder steigen wir zum Gletscher ab? Der Startplatz ist zwar recht kurz und dann gfürchig steil abfallend, aber da ein perfekter südöstlicher Wind blies, war die Entscheidung rasch gefallen, und die Ersten legten ihren Schirm auf dem Schotter aus.

Was nun folgte, war ein Flug, der mit 13 Minuten und 3,2 Kilometern Distanz fliegerisch eigentlich völlig irrelevant ist. Aber für mich ist es nach wie vor einer der schönsten Flüge meiner Fliegerkarriere. Zuerst flogen (soarten) wir gemeinsam einige Minuten vor dem Gipfel hin und her, mit umwerfender Sicht über die Gletscherwelt. Ein Blick zurück offenbarte, wie steil der Startplatz wirklich war. Anschliessend folgte ein kurzer Gleitflug in Richtung Planurahütte.

Vor der Planurahütte befindet sich der grösste Windkolk Europas – eine sichelförmige, vom Wind ausgeschliffene „Kerbe“ im Gletscher. Am oberen Rand des Windkolks – nahe der Hütte – liegt ein offizieller Gebirgslandeplatz, und so konnten wir direkt neben einem Gletscherflugzeug (Kitfox-Eigenbau) landen. Sowohl das Überfliegen des Windkolks als auch das Landen neben dem Gletscherflugzeug fühlte sich surreal an – beides werde ich wohl nie vergessen.

Das Erlebnis zeigt, was unser Sport für tolle Momente ermöglicht. Wir sind zu Fuss auf den Gipfel aufgestiegen, bloss mit einem etwas schwereren Rucksack als normal. Vom Gipfel auf über 3000 Metern können wir uns mit nichts als einem Fetzen Stoff und einigen Schnüren in die Luft begeben, die Freiheit in der Luft geniessen und sind wenige Minuten später bei der Hütte. Einfach grossartig! Auf den höchst erfolgreichen ersten Tourentag haben wir natürlich auf der Hüttenterrasse mit einem Landebier von Adlerbräu angestossen. Auch der zweite Tag war ereignisreich und endete in einem Flug. Aber das ist eine Geschichte für ein anderes Mal…

Gerne gebe ich das Wort weiter an Thomas Kindlimann, der mir vor vielen Jahren das Fliegen beigebracht hat und aus seinem Erfahrungsschatz bestimmt etwas Interessantes zu teilen weiss.