Zum Hauptinhalt springen

In den thailändischen Dschungel verblasen - Zecken und Kratzer statt Landebier


13. Mai 2023

In den thailändischen Dschungel verblasen - Zecken und Kratzer statt Landebier

  • Erlebt und geschrieben von Fritz Härtli

Nach 37 Jahren Gleitschirmfliegen hatte ich vor 5 Jahren in Thailand einen mehr als abenteuerlichen Flug, den ich so nicht mehr erleben möchte. Das Ganze fing harmlos an - und ist mit viel Glück schlussendlich gut ausgegangen.

Es war ein wunderschöner Tag im Dezember 2018 in Wat Prong Chang, im Nordosten von Thailand.

3 Locals (Freunde) und ich machten uns bereit für einen Streckenflug. Der Wind am Startplatz war stark, aber nicht grenzwertig, also nichts Besonderes in Thailand. Windy sagte nicht zunehmenden Wind voraus. Wir flogen nach Westen der Ridge entlang, bei relativ ruhigen Verhältnissen. Etwa nach 10 bis 15 Kilometern nahm der Wind plötzlich zu. Die Ridge ging gegen Norden in eine Hochebene über. Da dort Dschungel war, gab es keine Landemöglichkeiten. Also versuchte ich, nach Süden zu fliegen, um dort auf einem Feld zu landen. Ich merkte jedoch schnell, dass ich da nie und nimmer einen Landeplatz erreichen konnte. Mit Vollspeed ging es langsam rückwärts. Eine Baumlandung war zu diesem Zeitpunkt keine Option für mich. Zurückfliegen an den Startplatz ging auch nicht, da es zuviel Ostwind hatte. Also flog ich wieder an die Ridge zurück. Hinter der Ridge sah ich ein kleines, vermeintliches Landefeld, das ich rückwärts anflog. Ich war mir bewusst, dass ich da ins Lee kam, was der Schirm auch deutlich anzeigte. Trotzdem konnte ich den Flügel offenhalten. Ich landete auf der vermeintlichen Wiese neben einem grossen Busch. Nur war das Feld keine schöne Wiese, sondern felsiges Gelände, mit über mannshohem Gras bedeckt. Ich hatte Glück bei der Landung, dass ich mich bei diesen grossen, unsichtbaren Brocken nicht verletz habe, und dass der Busch, auf dem der Schirm landete, keine Dornen hatte, sonst wäre der Schirm verloren gewesen. Glück war auch noch, dass es erst ein Uhr nachmittags war. Dummerweise hatte ich an diesem Tag meinen Schnellpacksack dabei. Das ist ein sperriges Teil und gar nicht geeignet für eine unfreiwillige Dschungeltour!

Jetzt fängt die Story erst richtig an. Ich wollte mich zuerst nach Norden durchschlagen, gab dann aber schnell auf, da es ohne Machete kein Durchkommen gab. Also versuchte ich es nach Süden, um an der Ridge abzusteigen. Auch da gab es praktisch kein Durchkommen, bis ich ein ausgetrocknetes Bachbett fand. Da wusste ich, dass ich dem folgen musste, um wieder in die Zivilisation zu kommen. Dieser Wasserlauf war zwar auch überwuchert, aber es ging mit viel Mühe langsam vorwärts. Es war mit Kletterei verbunden – glücklicherweise waren mir da meine früheren Klettererfahrungen hilfreich. Ich musste dann mein Gepäck teilweise mehrere Meter runterwerfen, um überhaupt absteigen zu können. Nach mehreren Stunden kam ich zu einem kleinen Pfad, wo eine durchlässige Schutzhütte stand. Ich muss wohl nicht erwähnen, dass mein Puls wieder auf erfreuliche Werte sank, als ich Licht am Ende des Tunnels sah. Da es in Thailand zwischen sechs und sieben Uhr abends langsam dunkel wird, musste ich mich beeilen, um vorher wieder die Zivilisation zu erreichen. Inzwischen hatte ich mit meinen Leuten Telefonkontakt. Meine Freunde wollten eine Rettungsaktion starten, aber ich verneinte. Ich war einfach zu stolz dazu, mir helfen zu lassen. Ich musste mit dieser schwierigen Situation selber klarkommen.

Als ich völlig ausgepumpt und dehydriert in einem kleinen Ort ankam (ich hatte leider nur einen halben Liter Wasser dabei), wurde ich abgeholt.

Fazit: Ich bin im Tatton Nationalpark, der sich mit dem Namnao Nationalpark verbindet, gelandet. Da hat es eigentlich alle Wildtiere, die in Thailand in freier Wildbahn in diversen Nationalparks leben, und denen man zu Fuss nicht begegnen möchte:  Wildschweine, wilde Elefanten, Schlangen und auch Tiger. Ich darf gar nicht dran denken, wie es ausgegangen wäre, wenn ich solche getroffen hätte. Wäre ich vor der Dämmerung nicht wieder rausgekommen, hätte es ein unfreiwilliges Dschungelcamp gegeben.

Dass ich völlig zerkratzt war und mehrere Zecken als Gäste an meinem Körper hatte, konnte ich akzeptieren.

Übrigens: Die 3 Mitflieger haben etwas Ähnliches erlebt. Sie wurden alle an einem anderen Ort gelandet und mussten sich auch einzeln durch den Dschungel kämpfen.

Stay safe!
Fritz

Das Zepter gebe ich weiter an Jürg Bass.